Die Nippon Connection Story

Die Anfänge des japanischen Filmfestivals Nippon Connection gehen auf das Jahr 1999 zurück. Die beiden Filmwissenschaftsstudenten Marion Klomfaß und Holger Ziegler, beide asienbegeistert und kino- bzw. festivalerfahren, hatten die Idee, an der Frankfurter Goethe-Universität einige japanische Filme zu zeigen. Denn Ende der 1990er Jahre waren in deutschen Kinos und im Fernsehen nur selten Filme aus Japan zu sehen. Zum als studentische Initiative angelegten Projekt kamen noch einige Mitstreiter hinzu, und die Planung begann. Im Oktober 1999 besuchte Marion Klomfaß zum ersten Mal das Yamagata International Documentary Film Festival und das Tokyo International Film Festival. Dort konnte sie aktuelle japanische Filme sichten und Kontakte knüpfen. Im April 2000 fand schließlich das erste Nippon Connection Festival im Studierendenhaus in Frankfurt-Bockenheim statt. An vier Tagen wurden insgesamt 13 Filme gezeigt. Schon damals wurde Wert darauf gelegt, die Filme in ein umfangreiches Rahmenprogramm einzubetten, um die Besucher für das Festival zu begeistern. Die Erwartungen wurden um ein Vielfaches übertroffen: Anstelle der hoffnungsvoll erwarteten 1.500 gaben 10.000 Besucher dem Konzept recht und bezeugten das große Interesse der Zuschauer an aktuellen japanischen Filmen und japanischer Kultur.

Die große Nachfrage spornte das Organisationsteam an, das Festival weiterzuführen. Nach einer einjährigen Pause, in der Marion Klomfaß ihr Studium beendete und der gemeinnützige Verein „Nippon Connection e.V.“ gegründet wurde, ging es an die Planung des zweiten Nippon Connection Festivals 2002, das nun im jährlichen Turnus stattfinden sollte. Von Jahr zu Jahr wuchs das Festival: Im Jahr 2002 wurde eine eigene Filmschiene für Video-Produktionen eingerichtet („Nippon Digital“) und in Zusammenarbeit mit dem Künstlerhaus Mousonturm eine Ausstellung organisiert. Im darauffolgenden Jahr gab es die erste Retrospektive („Nippon Retro“) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Filmmuseum sowie weitere Veranstaltungen in Kooperation mit dem Literaturhaus Frankfurt. Beim vierten Nippon Connection Festival im Jahr 2004 gingen Teile des Programms auf Tour nach Leipzig und Barcelona. Das Tourprogramm wurde 2005 weiter ausgebaut. Außerdem wurde zum ersten Mal der „Nippon Cinema Award“ verliehen”. Zum zehnjährigen Jubiläum im Jahr 2010 verlieh eine Fachjury erstmals den „Nippon Digital Award“ (heute: „Nippon Visions Jury Award“), der vor allem Nachwuchstalente unterstützen soll. Die Sektion „Nippon Digital“ wurde im Jahr 2011 in „Nippon Visions“ umbenannt, und 2012 gab es das erste Programm für Kinder („Nippon Kids“). Von 2012 bis 2014 wurde der „VGF Nippon in Motion Award“ für den besten 12-Sekunden-Spot verliehen. Im Jahr 2013 zog das Festival vom Studierendenhaus in das Künstlerhaus Mousonturm und das Theater Willy Praml in der Naxoshalle. Der erste „Nippon Honor Award“ wurde 2015 an den Schauspieler Tadanobu ASANO verliehen. Im Jahr 2016 ging er an den Regisseur Kiyoshi KUROSAWA.

Die Zuschauerzahlen sind mittlerweile auf über 16.000 gestiegen. Die Besucher kommen nicht mehr nur aus Deutschland, sondern reisen aus der ganzen Welt nach Frankfurt, um die neuesten japanischen Filme zu sehen. Nippon Connection hat sich mit über 100 jährlich gezeigten Kurz- und Langfilmen zur größten Plattform für aktuellen japanischen Film weltweit entwickelt. Die meisten Filme feiern ihre Deutschland-, Europa- oder Weltpremiere beim Festival. Darüber hinaus wurden im Rahmen des Nippon Connection Festivals zahlreiche Regietalente entdeckt und in ihrem Schaffen kontinuierlich begleitet, unter anderem Nobuhiro YAMASHITA, Toshiaki TOYODA oder Yuki TANADA.

Ein wichtiges Anliegen des Festivals liegt darin, den Austausch zwischen Publikum und Filmemachern zu fördern. Jedes Jahr präsentieren viele Regisseure, Schauspieler und Produzenten ihre Filme persönlich und stehen dem Publikum Rede und Antwort. Unter den anwesenden Gästen waren bisher zahlreiche Größen des japanischen Films vertreten, darunter Kaori MOMOI, Koji WAKAMATSU, Shinya TSUKAMOTO, Shinsuke SATO, Yukihiko TSUTSUMI, Toshiaki TOYODA, Nobuhiro YAMASHITA, Ryuichi HIROKI, Kazuyoshi KUMAKIRI, Sakura ANDO, Masaharu TAKE, Miwa NISHIKAWA, Akira OGATA, Tomorowo TAGUCHI, Koji YAMAMURA oder Yuki TANADA.

Seit der Gründung spielt die akademische Beschäftigung mit dem japanischen Kino eine wesentliche Rolle. Beim Festival werden regelmäßig Veranstaltungen in Kooperation mit der Japanologie und dem Institut für Filmwissenschaft der Goethe-Universität angeboten. Zahlreiche internationale Japanfilmkenner geben dem Publikum in Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen Einblicke in das japanische Filmschaffen. 2007 und 2015 fand im Rahmen des Festivals die Kinema Club Konferenz statt, eine der wichtigsten internationalen akademischen Veranstaltungen zu Film und Medien aus Japan.

In Japan ist der Erfolg von Nippon Connection nicht unbemerkt geblieben. Im Jahr 2004 wurden die Festivalorganisatoren vom japanischen Kulturministerium (Bunkacho) nach Tokio eingeladen, um an einem Symposium zur Wirkung des japanischen Films im Ausland teilzunehmen. Es folgten verschiedene Einladungen zu Diskussionsveranstaltungen, Filmfestivals und Delegationsreisen der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen nach Yokohama und Tokio. Im Juli 2013 wurde Festivalleiterin Marion Klomfaß vom japanischen Außenminister für ihre Verdienste um den japanisch-deutschen Kulturaustausch ausgezeichnet (Gaimu Daijin Hyosho).

Nippon Connection bietet nicht nur auf der Leinwand etwas für das Auge: Seit dem ersten Festival im Jahr 2000 ist das auffallende Corporate Design ein Markenzeichen des Festivals. Die Poster in zartem Rosa bis zu leuchtendem Pink stechen jedes Jahr aus der Kommunikations-Masse der Plakatwände heraus und wurden mit zahlreichen deutschen Kreativ- und Design-Preisen ausgezeichnet. Die verantwortlichen Grafiker der Kampagnen waren von 2000 bis 2009 Kai Bergmann, von 2010 bis 2014 Alex Lis und Katja Baumann und seit 2015 Il-Ho Jung.

Neben dem Programm arbeitet das Festivalteam an zahlreichen weiteren Projekten, beispielsweise an eigenen Musik-CDs. Aus Tokio brachten die Festivalorganisatoren verschiedene Sounds der Tokioter U-Bahn mit und gaben sie deutschen Musikern, die sich von diesen Klängen zu einem imaginären Soundtrack der japanischen Megacity inspirieren ließen. Diese CD erschien 2003 unter dem Titel „Nippon Connection – The Tokyo Metro Soundtrack“. Im April 2005 erschien das CD-Set „Nippon Connection Exchanging Tracks“. Zwei traditionelle japanische Musikstücke wurden renommierten Remixern aus Europa und den USA zur Verfügung gestellt. Diese ließen sich von der Atmosphäre der Stücke und den Samples inspirieren und komponierten ihre persönlichen Soundtracks. Unter dem Projekttitel „Exchanging Tracks“ drehten japanische Regisseure zu den Musikstücken Kurzfilme.

Trotz der Größe des Nippon Connection Festivals und der vielen weiteren Projekte des Vereins Nippon Connection e.V. arbeitet das Organisationsteam überwiegend in ehrenamtlicher Arbeit. Das Team besteht aus mittlerweile rund 70 Personen, vom Erstsemester-Studierenden bis zum Berufstätigen, und balanciert zwischen dem Anspruch an ein professionell organisiertes Filmfestival und dem tatsächlich Machbaren. Während des Festivals wird das Team von über 100 freiwilligen Helfern unterstützt. Das knappe Festivalbudget muss jedes Jahr neu akquiriert werden und setzt sich aus verschiedenen Förder- und Sponsorengeldern zusammen. Von 2013 bis 2017 nahm das Festival außerdem erfolgreich am Crowdfunding-Contest kulturMut der Aventis-Stiftung teil. Obwohl das Nippon Connection-Team schon so viel erlebt hat, ist der Enthusiasmus nach wie vor groß, und es gibt immer neue Ideen, die auf ihre Umsetzung warten.